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Anonym
Alter Bürgerspitalsfriedhof auf der Wieden, nächst der Karoluskirche · Kolorierte Federzeichnung · Wien Museum, Inv.-Nr. 64422.

Antonio Vivaldi starb am 27. Juli 1741 im Sattlerischen Haus in der Nähe des Kärntnertores und wurde auf der Wieden beigesetzt. Die Wahl des Ortes ist naheliegend – wurden doch die beim Kärntnertor Verstorbenen zumeist auf dem Friedhof des Bürgerspitals, dem sogenannten »Spitaller Gottsacker« auf dem Gelände des heutigen Karlsplatzes beigesetzt. Als fremd nach Wien Zugezogenem war Vivaldi ohnedies ein Begräbnis im innerstädtischen Friedhofsbereich verwehrt.
Zu den drei alten und allgemeinen Bezeichnungsarten Leichenhof, Friedhof und Kirchhof tritt eine vierte, nämlich Gottesacker. Dieses schon im ausgehenden Mittelalter bezeugte Wort unterscheidet sich von den drei anderen auffällig dadurch, daß es gar keine Beziehung zum irdischen Leben mehr zu haben scheint, es sei denn, man wollte es so verstehen, daß damit ein kirchliches Eigentum ausgedrückt wird, weil man im Mittelalter gerne bei kirchlichen Grundstücken Gott oder einen Heiligen als Eigentümer angab. Da es aber anscheinend doch immer nur für Begräbnisplätze verwendet wurde, ist es wahrscheinlich nur als Metapher zu verstehen und stellt das Bild vor die Seele, nach welchem die Toten mit Saaten verglichen werden, die Gott am Jüngsten Tage für das ewige Leben sammeln wird. Dieses Bild stammt wohl aus dem Neuen Testament (1 Kor. 15, 42-44) und wird noch von Klopstock wiederholt: »Saat gesät, von Gott, am Tage der Garben zu reifen.« Der auffällig andersartige Bildungsvorgang für diesen vierten allgemein gebräuchlichen Namen der öffentlichen Begräbnisstätte kann vielleicht dadurch erklärt werden, daß dieses Wort für Bestattungsplätze Verwendung fand, die nicht mehr als Kirchhöfe im alten Sinn anzusehen waren.