Wenn das Jahr 2012 sommerlich werden wird, erscheint das Bild eines Gärtners an einem schmalen Mauersegment der Technischen Universität, gelegen am Karlsplatz. Es ist dies exakt jener geographische Punkt in Wien, an dem Vivaldi vor langer Zeit begraben wurde und wo bis 1783 der »Spitaller Gottsacker« bestanden hat.
Die Kalkmalerei ist eine Kopie eines Wandgemäldes, das der Maler Ignazio Moder* 1799 in der toskanischen Villa di Geggiano gemalt hat.
»Lustgartner« wurde der Ziergärtner für herrschaftliche Gärten im Barock genannt. Ein wundervoll dichter Moment in diesem Wandbild ist der schwerelose Blick des Gärtners und die Physik der Gartenrosen.
Der Passant, den die Laune seiner Schritte durch das Karlsplatz-Gelände führt, erahnt angesichts der Existenz des installierten Wandgemäldes eine gewisse Korrespondenz zu den Geheimnissen einer seltsam entrückten Welt.
Der Blick in den hortus conclusus ist einerseits ein Blick in das christliche Paradies, das der Hölle entgegengesetzt wird – das Himmelreich wird auch als Rosengarten bezeichnet – und andererseits ein Blick in ein antikes Paradeisos, das seinen Ursprung im alten Orient hatte und in der antiken Welt in abgewandelter Form bestand und in dem die olympischen Götter und die Urgötter wie auch Titanen und Giganten in einer Art Theogonie vereint werden. Gemeinsam versinnbildlichen sie die Natur des Gartens, das Wasser, den Wind, Fruchtbarkeit und Wachstum, Zeit und Ewigkeit.
Die Rose durchzieht als symbolträchtige Knospe in voller Blüte und von Vergänglichkeit gezeichnet die Menschen- und Kunstgeschichte. Aus vorgeschichtlicher und antiker Zeit ist die Bepflanzung der Gräber mit Rosen üblich, die Wildrose gilt als Symbol für das ewige Leben. Grabfelder wurden immer wieder mit Wildrosenhecken ummantelt, die Undurchdringlichkeit der dichtwüchsigen Sträucher mit überwiegend stachelbewehrten Zweigen trennte die toten Seelen von den lebenden.
Was auf den Mauerkörper mit Rot und Grün gepinselt wurde, ist ein Bild zweiten Grades, betitelt Ragazzo con Rose: Die Rosen-Gabe, Gabe an die Unterwelt, Blumen-Gabe an das helle oder dunkle Totenreich. Welcher Geist bliebe unerschüttert in diesem Raum, zwischen sanft und scheu?
Marie Janssen, Malerin, 23 Jahre jung, hat in einer kongenialen Nachschöpfung das Rosenbild geschaffen, das ab 1. Juni 2012 ein Jahr lang am Mauersegment der Technischen Universität in einer Einrichtung des Architekten Thomas Kierlinger zur Ansicht bestehen bleibt. Video
Der Blumen-Ephebe hat wohl eine musikalische Entsprechung in Antonio Vivaldis Zephyros-Arie. Mit Zephyr – dem warmen Westwind des Frühlings – schwingt die Lust, ein rasendes Begehren.
Das Wetter, die Jahreszeiten: gleichsam die Essenz des Lebens, des Gedächtnisses. Milde, liebkosende Sonnenwärme, Gefühl der Leichtigkeit, Heiterkeit draussen und drinnen. Weiches Licht, durchsichtige Bläue der Luft. So glaubhaft warm ist Vivaldis Aria Zeffiretti che Sussurrate: Ihr kleinen, flüsternden Zephire.
*»Ignazio Moder, Galleria d’ingresso. Affreschi di Ignazio Moder nell’andito della villa di Geggiano. 1799 ca.
La lunga galleria d’ingresso è decorata da affreschi piuttosto mediocri, ma abbastanza piacevoli, di un pittore tirolese […] che si chiamava Ignazio Moder. […] Le scene rappresentano i mesi dell’anno, […]. Questa serie dei mesi è presa da stampe del Bartolozzi [Francesco], fatte su disegno di Giuseppe Zocchi. Le stampe sono circa del 1750 e il Moder ha introdotto delle variazioni per adattarle allo spazio, e anche per aggiornare le mode, come per esempio nella scena relativa al Maggio dove si vedono due signori in un giardino, ai quali una ragazza offre dei fiori.
Nel 1799 Mario Bianchi Bandinelli, bisnonno di Ranuccio, commissionò al frescante Ignazio Moder la decorazione dell’andito della sua villa di Geggiano. Le allegorie dei mesi affrescate dal Moder sono popolate di protagonisti della storia locale e famigliare: Perellino, il cantore citato da Alfieri nei sonetti senesi, Anton Domenico Bianchi Bandinelli, padre di Mario, i coniugi Sergardi che abitavano nei pressi della villa, Alessandra Mari, la sobillatrice del moto antirivoluzionario sanfedista arettino.«
Literatur: Ranuccio Bianchi Bandinelli e il suo mondo · Catalogo della mostra di Marcello Barbanera · Bari 2000.